Ob Wirtschaftstreuhänder, Gewerbetreibender, Notar oder Rechtsanwalt – Angehörige dieser und anderer Berufsstände haben seit 2017 umfassende neue Regelungen zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu beachten. Das Themen- und Risikobewusstsein scheint allerdings noch nicht in allen Branchen voll entfaltet.
Gastbeitrag von Mag. Elisabeth Staudner und Mag. Günther Ritzinger
Den Startschuss für die Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie gab am 1. Jänner 2017 die Finanzbranche mit dem Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, dessen Normadressaten Banken, Zahlungsinstitute und andere Finanzinstitute sind.
Im Laufe dieses Jahres folgten die Umsetzungen für andere Berufsgruppen in der Gewerbeordnung, der Rechtsanwalts- und Notariatsordnung, dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und anderen Gesetzen. Wenngleich sich die Richtlinie nicht in allen Gesetzen gleichermaßen wortident widerspiegelt, so folgt die dahinterstehende Logik stets ein und demselben Schema: Der Normadressat hat einerseits Sorgfaltspflichten wahrzunehmen, die es ihm ermöglichen, den (potenziellen) Kunden und dessen Hintergrund ausreichend zu beleuchten (KYC – „know your customer“); andererseits hat er bei Vorliegen von Verdachtsmomenten Meldepflichten gegenüber der staatlichen Geldwäschemeldestelle des Bundeskriminalamts (BKA) wahrzunehmen.
AM ANFANG WAR DIE ANALYSE
Damit ein Unternehmen aber überhaupt seinen Sorgfalts- und Meldepflichten bestmöglich und – wie vom Gesetzgeber gefordert – risikobasiert nachkommen kann, muss es zunächst einmal seine diesbezüglichen geschäfts- und kundenspezifischen Risiken erkennen und verstehen. Die Unternehmen haben daher eine Geldwäsche-Risikoanalyse durchzuführen, in deren Zuge sie ihre einzelnen Geschäftsfelder dahingehend evaluieren, wie hoch das Risiko ist, zu Zwecken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden. Bei dieser Analyse müssen alle risikorelevanten Aspekte Berücksichtigung finden, wie zum Beispiel Kunden, Dienstleistungsarten, Transaktionen oder geografische Spezifika; soweit für die Tätigkeit des Unternehmens relevant, sind auch die für den Wirkungsbereich des jeweiligen Unternehmens vorliegenden nationalen und EU-weiten Risikoanalysen sowie die gesetzlich normierten Risikofaktoren zu berücksichtigen. Die Risikoanalyse ist schriftlich zu dokumentieren und am aktuellen Stand zu halten.
SORGFALTSPFLICHTEN IM ÜBERBLICK
Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten ist die Voraussetzung für die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die Sorgfaltspflichten beziehen sich im Unterschied zur Risikoanalyse nicht auf das Unternehmen, sondern auf den einzelnen Kunden. Die Pflichten sind vor Begründung einer Geschäftsbeziehung bzw. vor Dienstleistungserbringung anzuwenden und umfassen Feststellungs- und Prüfungsmaßnahmen insbesondere in Bezug auf folgende kundenbezogenen Merkmale:
- Identität des Kunden (vor Begründung einer dauerhaften Geschäftsbeziehung beziehungsweise vor Durchführung von 15.000 Euro übersteigenden Transaktionen zu prüfen);
- Identität des wirtschaftlichen Eigentümers;
- Herkunft der Mittel;
- Vorliegen eines allfälligen Treuhandverhältnisses;
- Zweck und Art der Geschäftsbeziehung;
- Vorliegen einer Person des öffentlichen Interesses (PEP – „politisch exponierte Person“);
kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung.
Die Sorgfaltspflichten sind risikobasiert anzuwenden, wobei es in gesetzlich gesondert normierten Fällen auch zur verpflichtenden Anwendung verstärkter Sorgfaltspflichten bzw. zur Anwendung vereinfachter Sorgfaltspflichten kommen kann. Ungeachtet dieser Differenzierungen gilt: Ist die Wahrnehmung der Sorgfaltspflichten nicht möglich, so darf die Geschäftsbeziehung nicht aufgenommen werden bzw. ist eine bereits bestehende Geschäftsbeziehung zu beenden. Auch eine bereits beabsichtigte Transaktion hat in diesem Fall zu unterbleiben.
Verdachtsmeldungen
Neben den Sorgfaltspflichten stellen die Meldepflichten ein weiteres Kernelement der Geldwäschebestimmungen dar. Erlangt ein Unternehmen Kenntnis davon, dass finanzielle Mittel aus kriminellen Tätigkeiten stammen oder mit Terrorismusfinanzierung in Verbindung stehen, so hat es die Geldwäschemeldestelle darüber unverzüglich und formell zu informieren. Probleme entstehen in der Praxis dabei nicht selten deshalb, weil der Meldende den betreffenden Kunden über die Meldung grundsätzlich nicht informieren darf und weil bereits beabsichtigte bzw. vom Kunden gewünschte Transaktionen zu unterbleiben haben. Die Anzahl von Verdachtsmeldungen stieg in den letzten Jahren stetig an: allein von 2013 bis 2016 erhöhte sie sich von 1490 auf 2150 Meldungen gemäß den Jahresberichten 2013 und 2016 der Geldwäschemeldestelle. Von einer Umkehr dieser Tendenz ist angesichts der neuen Maximalstrafen bei Verstößen gegen die Geldwäschebestimmungen nicht auszugehen. Interessant ist, dass von den 2150 im Jahr 2016 getätigten Verdachtsmeldungen nicht weniger als 2002 Meldungen von Banken stammen; alle übrigen meldepflichtigen Berufsgruppen teilen sich somit überschaubare 148 Meldungen. Wirklich überraschend ist dies nicht, waren es bis dato doch allem voran die Bankgeschäfte (Einlagen-, Kredit-, Finanztransfergeschäft usw.), die den Erfolg von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung determinierten. Allerdings relativiert die stetig wachsende Szene der Kryptowährungen zunehmend die diesbezügliche Relevanz der Banken; besonders kritische Stimmen meinen gar, die Geldwäschebestimmungen führten sich ad absurdum, solange Kryptowährungen unreguliert blieben.
DOKUMENTATIONS- UND AUFZEICHNUNGSPFLICHTEN
Flankierend zu den Kernpflichten (Sorgfalts- und Meldepflichten) haben Unternehmen umfassende Aufzeichnungspflichten, die es unter anderem der jeweiligen Aufsicht (berufliche Kammern, FMA etc.) ermöglichen sollen, die Einhaltung der Geldwäschebestimmungen durch die Unternehmen zu überprüfen. Die Dokumente sind zumindest für die Dauer von fünf Jahren nach dem letzten Geschäftsfall bzw. nach Beendigung der Geschäftsbeziehung aufzubewahren und umfassen etwa Unterlagen, die der Erfüllung der Sorgfaltspflichten dienen, Transaktionsbelege, Unterlagen im Zusammenhang mit Verdachtsmeldungen sowie Unterlagen im Zusammenhang mit der Risikoeinstufung des Kunden. Zwecks Nachweis sollte jedes Unternehmen aber auch eine interne „Geldwäsche-Leitlinie“ erstellen, die die wesentlichen Pflichten der Geldwäschebestimmungen in verständlicher Form aufzeigt und die von den relevanten Mitarbeitern – gleichsam einer Dienstanweisung – verpflichtend zu beachten ist.
HOHES STRAFPOTENZIAL
Erwähnt seien schließlich die neuen Strafrahmen, die mit der Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie einhergehen. Diese wurden massiv ausgeweitet und reichen nunmehr in den Millionen-Euro-Bereich. Spitzenreiter sind hier die Strafbestimmungen zu Finanzinstituten, wonach es in schwerwiegenden Fällen gar zu Geldstrafen von bis zu fünf Millionen Euro kommen kann – gegenüber dem Verwaltungsstrafverantwortlichen als natürliche Person, wohlgemerkt! Vor dem Hintergrund der Bedenklichkeit dieser Rechtssituation bleibt zu hoffen, dass die strafsetzenden Autoritäten mit entsprechendem Augenmaß agieren.
Das neue Register der wirtschaftlichen Eigentümer
Im Zusammenhang mit der 4. EU-Geldwäscherichtlinie trat am 15. Jänner 2018 das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) in Kraft. Es sieht die verpflichtende Meldung von Eigentümerdaten für ein vom Bund eingerichtetes Register vor. Die Strafen bei Verletzung der Meldepflicht sind empfindlich hoch.
- Wer hat zu melden?
Von der Meldepflicht sind insbesondere Personen- und Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, (Versicherungs-)Vereine und Stiftungen mit Sitz im Inland betroffen.
- Was ist zu melden?
Zu melden sind im Wesentlichen die folgenden Daten zum wirtschaftlichen Eigentümer als natürliche Person: Vor- und Zuname, Wohnsitz, Geburtsdatum und -ort, Staatsangehörigkeit sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses.
- Wann ist zu melden?
Die Meldung hat binnen vier Wochen nach erstmaliger Registereintragung (Firmenbuch) bzw. Begründung der Verwaltung im Inland zu erfolgen, jedenfalls aber erstmalig bis 1. Juni 2018.
- Wie ist zu melden?
Die Meldung erfolgt elektronisch über das Unternehmensserviceportal des Bundes.
zur person:
Mag. Elisabeth Staudner
ist selbstständige Partnerin des Wiener Beratungsunternehmens Wiesmayr & Partner (http://www.wiesmayr.eu) und Geschäftsführerin bei Ziel Invest. Sie verfügt über fundiertes Wissen in den Bereichen Asset- und Risikomanagement, nicht zuletzt aufgrund über 25 Jahren beruflicher Erfahrung in führenden Positionen des Vermögensmanagements, unter anderem als Geschäftsführerin einer österreichischen Kapitalanlagegesellschaft.
zur person:
Mag. Günther Ritzinger
ist geschäftsführender Gesellschafter der 2010 gegründeten Wiener Beratungsfirma Kapitalmarkt Consult (http://www.kapitalmarktconsult.at). Seine beruflichen Erfahrungen sammelte er zuvor unter anderem als leitender Mitarbeiter der Finanzmarktaufsicht (FMA) sowie als leitender Mitarbeiter von Banken und Wertpapierfirmen in den Bereichen Recht, Compliance, Interne Revision und Risikomanagement.